Ich und die Europäische Kunstakademie – Hospitation

Motivation aus Sicht einer benachbarten Schule

Seit Jahren versuche ich als Schulleiter der Kurfürst Balduin Realschule plus Trier eine Kooperation mit der Europäischen Kunstakademie (EKA) zu starten. Zwar handelt es sich bei der Zielgruppe der EKA hauptsächlich um Erwachsene, allerdings könnte eine Weiterentwicklung der Angebote verstärkt Kinder und Jugendliche in den Blick nehmen. Bisher existiert ein zwar auf der Homepage unter Jugendkunstschule  gelisteter Schüler Kunst Club für Anfänger*innen samstagsnachmittags und Fortgeschrittene samstagvormittags als regelmäßiges Angebot und ein kleines Angebot an Ferienangeboten, wie z.B. im 2.Halbjahr 2021 „Das Abenteuer Künstler zu sein“ als einwöchiger Kurs in den Herbstferien und „Die jungen Fotojäger gehen auf Instagram“ als dreitägiger Kurs.

(https://www.eka-trier.de/kurse/kategorie/jugendkunstschule.html).

Die Kosten liegen dabei mit 260€ für den regelmäßigen Samstagskurs und 78 bzw. 65€ für die Ferienkurse im durchschnittlichen Bereich. 

Nimmt man allerdings als Maßstab das Bildungspaket des Staates, das Kindern aus finanziell schwachen Familien notwendige Bildungs- und Weiterentwicklungsangebote ermöglichen soll und dafür monatlich 10€ zur Verfügung stehen, dann erkennt man schnell, dass sowohl in Musikschulen, als auch bei diesen an Jugendkunstschulen angelehnten Angeboten diese Zielgruppe nicht erreicht wird. Das Ziel mit dem Bildungspaket zu verhindern, dass das Einkommen der Eltern die Ausbildungschancen der Kinder beeinflusst oder gar beeinträchtigt wird somit zumindest in diesem Bereich der außerschulischen kulturellen Bildung verfehlt.

Ansatzpunkte für eine Kooperation

Eine der Erwartungen, die ich mit der Hospitation verbinde ist die Frage, ob es Möglichkeiten gibt Künstler*innen der EKA für eine Arbeit in der Schule zu gewinnen oder Möglichkeiten zu eröffnen Schüler*innen unserer Schule die Möglichkeit zu eröffnen an Kursen der EKA zu einem Sondertarif oder per Stipendien gefördert teilzunehmen.

Für diese Zusammenarbeit wichtig ist ebenso die Frage, wie die Institution EKA sich finanziert. Davon abhängig sind die Erfolgsaussichten über Sonderkonditionen oder Stipendien zu verhandeln.

Im Hof der EKA

Auf einer Fläche von 3000m² verfügt die EKA laut Homepage über Werkstätten, Workshop-Räume und Ateliers. Da dies Räume mutmaßlich hauptsächlich an Wochenenden und zu Urlaubs- und Ferienzeiten genutzt werden, stellt sich die Frage für eine benachbarte Schule, die sich auf den Weg gemacht hat sich zu einer Kulturschule zu entwickeln, ob es nicht möglich ist, Räume der Akademie während den Unterrichtszeiten zu nutzen. Auch die Tatsache, dass es eine Kunsthalle mit einer Fläche von 800m² gibt, die sich hervorragend als Veranstaltungsort eignet, ist für mich als Schulleiter einer Schule, die weder über eine Aula, noch über eine eigene Räumlichkeit, die sich für Veranstaltungen eignet sehr interessant.

Der Vorteil einer engen Kooperation zwischen Schule und EKA liegt also auf der Hand. Die Frage, die sich stellt ist allerdings, woraus die EKA einen Nutzen ziehen könnte. Mit Sicherheit, wird es zu diesem Punkt ein interessantes Gespräch mit dem neuen Leiter der EKA, Simon Santschi geben.

Gespräch mit dem Leiter der EKA

Bei der Vereinbarung des Hospitationstermins verständigten Simon Santschi und ich uns darauf, dass ich neben einem grundlegenden Informationsblock exemplarisch einen typischen Arbeitstag des Akademieleiters per Job-Shadowing miterleben durfte.

Meine Zielsetzung in dieser nächsten Gesprächsrunde war Simon Santschi als Person mit seiner Motivationslage näher kenn zu lernen. Was ich schon im Vorfeld wusste war, dass er zum 1.2.2020 seine Stelle als Leiter angetreten hat, aufgrund des ab dem 13. März 2020 verordneten Lockdowns nicht die besten Vorrausetzungen.

Als erstes interessierte mich die berufliche Vita: Als Kunsthistoriker arbeitete er vorher als Projektkoordinator für die Kunsthochschule Halle und betreute Qualifizierungsprogramme für die Absolvent*innen. Davor war er Leiter der Weiterbildung der Fachbereiche Kunst und Design der Hochschule Luzern und Rektor der Schule für Gestaltung Aargau.

Die Motivation, sich für die Leitung der EKA zu bewerben speiste sich aus mehreren Quellen. Zum einen fehlte ihm in Halle ein Mindestmaß an Multikulturalität und er erhofft sich aufgrund der Lage Triers im Dreiländereck mit Frankreich und Luxemburg und als Universitäts- und Hochschulstandort eine höhere Vielfalt an Nationalitäten und Kulturen. Auch der im Namen verankerte Gründungszweck der Akademie, den europäischen Gedanken in der Auseinandersetzung mit Teilnehmer*innen und Dozent*innen aus anderen Nationen wiederzubeleben und weiterzuentwickeln übte einen starken Reiz für die Bewerbung aus. Und auch die herausragende Rolle einer freien Kunstakademie mit dieser räumlichen Ausstattung an Ateliers (3000 m²) und einer integrierten 800m² großen Kunsthalle mit der Möglichkeit Ausstellungen zu kuratieren, spielte eine große Rolle.

Santschi bezeichnet die EKA als einzigartig in ihren Möglichkeiten, gilt sie doch inzwischen als größte freie Kunstakademie Europas.

Perspektiven einer echten Jugendkunstschule an der EKA

Wie schon weiter oben beschrieben ist das auf der Homepage mit Jugendkunstschule übertitelte Angebot der EKA bisher eher gering. Nach Santschi liegen die Gründe auf der Hand. Verschiedene konkurrierende Anbieter verhindern bisher einen Ausbau des Angebotes. So gibt es von der Volkshochschule Trier (VHS) ein Angebot für Kinder und Jugendliche und auch das freie Kulturzentrum TUFA e.V. tritt als Anbieter von Kursen und Workshops für Kinder und Jugendliche auf. Zurzeit gibt es wohl schon Verhandlungen zwischen EKA und TUFA e.V. über einen Ausbau der künstlerischen Workshops an der EKA, allerdings müsste auch die VHS bereit sein ihr Angebot für Kinder im künstlerischen Bereich an die EKA abzugeben. Nur unter diesen Bedingungen wäre aus finanziellen Gründen ein sinnvoller Ausbau der Sparte „Jugendkunstschule“ an der EKA sinnvoll. Aufgrund der Kapazität an Ateliers und Werkstätten wäre das eine absolut wünschenswerte Entwicklung.

Kennenlernen der Räume (Ateliers, Werkstätten und Kunsthalle)

Sehr beeindruckend war die Führung durch die EKA. Einzelne Bereiche hatte ich schon zu früheren Gelegenheiten kennen gelernt. Umso überraschter war ich über die Vielfalt an Räumen, die ich noch nie betreten hatte. Obwohl die Sommer-Workshops schon begonnen hatten, gab es noch sehr viele freie Ateliers. Möglicherweise spielte dabei allerdings die noch nicht überwundene Corona-Pandemie eine Rolle. https://www.eka-trier.de/ueber-die-eka/raumplan.html

Dennoch stehen viele der Ateliers wochentags zu Nichtferienzeiten leer. Perspektivisch ist das ein Ansatzpunkt über eine schulische Nutzung im Ganztagsbereich oder vielleicht sogar im Regelbetrieb vormittags zu nutzen. Da es sich um die erste Ferienwoche der rheinland-pfälzischen  Sommerferien handelte war ein Teil der Ateliers von Ferienkursen für Kinder und Jugendlichen belegt, für die Zielgruppe bestimmt eine tolle Erfahrung.

Abschließendes Gespräch mit Simon Santschi

Meine Intention im abschließenden Gespräch war auszuloten, welche Formen der Kooperation zwischen EKA und KBR+ möglich sein könnte.

Dabei war Santschi sehr angetan von der Perspektive, dass sich in der Nachbarschaft der EKA eine Schule mit kulturellem Profil entwickelt. Er sieht eine Chance das Publikum der EKA zu verjüngen und somit auch „Nachwuchsarbeit“ zu leisten und das Problem zu mindern, dass die Altersstruktur der aktuellen Teilnehmer*innen sowohl im Studium, als auch in den Workshops relativ hoch ist und diese einer bildungsnahen Schicht angehört. In der Verortung der EKA in der Randlage zu einem sozialen Brennpunkt sieht er eine Chance und auch Verantwortung gegenüber den Bewohner*innen.

An konkreten Ideen haben wir gemeinsam folgende formuliert:

  • Ateliers und Workshopräume sollen für die Schule in Zeiten des Leerstands zu einem „Mindesttarif“, der noch mit dem Trägerverein ausgehandelt werden muss, zur Verfügung gestellt werden.
  • Die in der Kunsthalle gezeigten Ausstellungen sollen nach Absprache außerhalb der normalen Öffnungszeiten, während der Unterrichtszeit, geöffnet werden.
  • Die Kunsthalle, die außerhalb der Ausstellungszeiten für Veranstaltungen vermietet wird, kann von der Schule, nach Absprache mit dem Trägerverein, kostengünstig gemietet werden.
  • Eine leerstehende Hausmeisterwohnung auf dem Schulgelände soll renoviert werden (erste Gespräche mit dem Schulträger fanden statt). Ab dem Jahr 2023 soll es für Künstler*innen die Möglichkeit geben sich, analog zu dem Modell der Stadtschreiber im Bereich der Literatur, für einen noch zu definierenden Zeitraum als „Stadtteilkünstler*in“ zu bewerben, um kostenlos zu wohnen und finanziert durch eine Stiftung mit einem Stipendium finanziell ausgestattet in der Schule und in der EKA tätig zu sein.
  • Die Schule hat der Stadt Trier angeboten für den Verbindungsweg „Himmelsleiter“ zwischen Trier-West und dem Höhenstadtteil Markusberg eine Patenschaft zu übernehmen, dergestalt, dass die Schüler*innen der Schule den Weg mit fast 800 Stufen frei von Unkraut halten werden. Außerdem gibt es Verhandlungen mit dem Kooperationspartner der Schule, Bürgerservice, den Weg unter Mithilfe von Schüler*innen wieder herzurichten. Seit 2014 ist der Weg gesperrt. In einem nächsten Schritt, so die Idee, soll in Kooperation von EKA und Schule ausgehend von der Römerbrücke, die den Stadtkern mit Trier-West verbindet, bis zum Markusberg eine Landart-Installation oder ein Skulpturenweg gestaltet werden.
  • Die KBR+ bemüht sich bei ortsansässigen Stiftungen eine Finanzierung für Stipendien für Schüler*innen zu beantragen, damit diese eine noch auszubauende Jugendkunstschule besuchen können.
  • Ein weiterer möglicher Anknüpfungspunkt stellt die europäische Ausrichtung der Schule im Rahmen von Erasmus-Partnerschaften mit Schulen im europäischen Ausland dar. Denkbar wären Gastaufenthalte von Schüler*innen in Trier und deren Teilnahme an Kursen der EKA.

Fazit

Nachdem der Versuch eine Kooperation mit der EKA einzugehen mit der vorherigen Leiterin der EKA gescheitert war, erlebte ich Simon Santschi als sehr interessierten, interessanten und kreativen Gesprächspartner.

Ich habe mir vorgenommen in regelmäßigen Abständen einen Gesprächstermin zu vereinbaren um im Rahmen einer enger werdenden Kooperation die beiden Positionen als Leiter der EKA und Leiter der KBR+ für eine Fortentwicklung zu nutzen.

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